Von der Unmoral der Mächtigen und der Ohnmacht der Schwachen:

Trumps groß angekündigter „Deal“ für den Nahen Osten wird ein weiterer Verrat an den Palästinensern sein / Ein historischer Rückblick

Im sogenannten Heiligen Land galt immer schon das Recht des Stärkeren und nicht die Moral oder in neuerer Zeit das internationale Recht. Waren es früher Kanaaniter, Juden, Assyrer, Babylonier, Perser, Griechen, Römer, Byzantiner, Moslems und Kreuzritter, die Palästina eroberten und die einheimische Bevölkerung unterwarfen und beherrschten, so in neuerer Zeit die Osmanen, Briten (erst als Kolonialisten, dann als Mandatsmacht) und schließlich die Zionisten. Die Palästinenser waren immer wieder Opfer von Willkür und Gewalt im „Heiligen Land“.

Die heutigen Palästinenser – sicherlich Nachkommen der semitischen biblischen Kanaaniter und der Philister und seit Jahrtausenden dort ansässig – hatten den fremden Eroberern zumeist nichts entgegenzusetzen, um eine eigene staatliche Entwicklung in Gang zu setzen. Zudem waren die großen Mächte so gut wie nie auf ihrer Seite. Sie sind ein verratenes Volk. Niemals aber war die Lage für sie so demütigend und hoffnungslos wie unter der Herrschaft des zionistischen Staates Israel. Die westliche Staatengemeinschaft mit ihrem so hoch gehaltenen und angepriesenen Wertesystem lässt es geschehen, als ginge es sie nichts an. Der bisher letzte Akt in dieser Tragödie ist die „neue“ Nahost-Politik des im Weißen Haus in Washington narzisstisch irrlichternden Präsidenten Donald Trump. Die USA waren nie der neutrale, unparteiische Vermittler, als den sie sich ausgegeben haben. Der jetzige Präsident hat aber endgültig die Maske fallen lassen und seine Nahost-Politik vollständig mit der Israels gleichgeschaltet. Die bisherigen Stationen sind:

  • die Kündigung des Atomabkommens mit dem Iran, das Verhängen neuer Sanktionen gegen den Mullah-Staat sowie ständige Kriegsdrohungen gegen ihn;
  • die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels und die Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv dorthin, was das endgültige Ende der Hoffnung auf die Zweistaaten-Lösung war;
  • der gemeinsame Rückzug mit Israel aus der UN-Kulturorganisation UNESCO und dem Genfer UN-Menschenrechtsrat;
  • die Aufkündigung der Hilfsgelder für die palästinensische UN-Flüchtlingsorganisation UNRWA sowie die Ankündigung, der palästinensischen Flüchtlingen ihren Flüchtlingsstatus abzuerkennen;
  • und schließlich die Ankündigung, Sanktionen gegen den Internationalen Gerichtshof in Den Haag zu verhängen, wenn die dortigen Richter Urteile gegen amerikanische Staatbürger wegen Kriegsverbrechen fällen sollten; die USA und Israel gehören dem Gericht gar nicht an, aber die Palästinensische Autonomiebehörde und Afghanen haben den Gerichtshof angerufen, damit er gegen Kriegsverbrechen und Verstöße gegen das Völkerrecht von Israelis bzw. Amerikanern an ihren Völkern ermitteln soll.

Das Völkerrecht interessiert also weder Amerikaner noch Israelis. Und die Palästinenser haben mit gewaltsamem Widerstand gegen die militärische Supermacht Israel und ihren gewaltigen Sicherheitsapparat keine Chance, als Volk zu ihrem Recht auf Selbstbestimmung zu kommen, obwohl ihnen das Völkerrecht Widerstand ausdrücklich erlaubt. Nun soll ihnen auch der Weg über das internationale Recht verbaut werden. Die neue Strategie der USA und Israels sieht wohl vor, das palästinensische Volk so lange auszuhungern, bis es zu Kreuze riecht und bereit ist, jede „Lösung“ zu akzeptieren, die ihm von der großen und der kleinen Supermacht aufoktroyiert wird. Dieses Vorgehen gegen die wegen der Besatzung machtlosen Palästinenser hat eine lange Vorgeschichte, und die war immer von der Konstante bestimmt: Dieses Volk wird nie gefragt, es wird ihm nur diktiert oder man geht einfach mit brutaler Gewalt gegen seine Menschen vor. Es seien hier die wichtigsten Stationen dieser Missachtung politischer Rechte aufgeführt.

Die Spur soll zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufgenommen werden. Am Anfang stand ein nicht eingehaltenes Versprechen der kolonialistischen Großmacht Großbritannien: Der britische Hochkommissar für Ägypten, Henry McMahon, und der Haschemiten-Herrscher Scherif Hussein Ibu Ali von Mekka vereinbarten 1915/16 in einer Korrespondenz, dass die Araber ihre politische Unabhängigkeit erhalten sollten, wenn sie einen Aufstand gegen die Türken militärisch unterstützen würden. Das Gebiet, das die Unabhängigkeit erhalten sollte, war aber nicht genau festgelegt.

Zu selben Zeit legten die Großmächte Großbritannien, Frankreich und Russland in einem Geheimabkommen (dem Sykes-Picot-Abkommen, genannt nach ihren beiden Unterhändlern) ihre Einflusssphären im Nahen Osten nach dem Untergang des Osmanischen Reiches fest. Russland sollte danach große Teile der Türkei kontrollieren können, Frankreich die syrisch-libanesische Küste (also den heutigen Libanon), und Großbritannien erhielt den Ostteil Mesopotamiens zugesprochen und konnte seine Einflusssphäre auf das heutige Jordanien und Palästina ausdehnen – mit Ausnahme der Hafenstädte Haifa und Acre, die internationalisiert werden sollten. Die Weltöffentlichkeit erfuhr von diesem Geheimabkommen erst nach der Oktoberrevolution in Russland 1917, als die Bolschewiken es enthüllten und die neue sowjetische Regierung daraus austrat.

Der nächste Schritt zur völligen Missachtung der Interessen und Rechte der arabisch-palästinensischen Seite war die Balfour-Erklärung vom November 1917, die das Sykes-Picot-Abkommen ergänzte. Darin sicherte der britische Außenminister Arthur Balfour im Auftrag seiner Regierung dem englischen Zionistenführer Baron Lionel Rothschild die „Errichtung einer nationalen Heimstätte“ für das jüdische Volk in Palästina zu. Die britische Regierung werde ihr Bestes zur Erreichung dieses Zieles tun, hieß es darin. Von Rechten für die arabische Bevölkerung in Palästina (immerhin die große Mehrheit der Bevölkerung) war nicht die Rede, sondern lediglich davon, dass nichts geschehen solle, „was die bürgerlichen und religiösen Rechte der bestehenden Gemeinschaften in Palästina (…) in Frage stellen“ könnte. Heute weiß man, dass die Zionisten (vor allem Chaim Weizmann) maßgeblich an der Formulierung dieses Textes mitgearbeitet haben.

Damit hatte Großbritannien den Zionisten zumindest indirekt die Gründung eines jüdischen Staates in Palästina in Aussicht gestellt, auch wenn vorerst nur von der Gründung einer „Heimstätte“ die Rede war. Und das, obwohl der jüdische Anteil in der Bevölkerung Palästinas zu dieser Zeit nur acht Prozent betrug. Für die zionistische Bewegung war die Balfour-Deklaration ein großer Sieg, auch wenn sie völkerrechtlich bedeutungslos war, denn weder Großbritannien noch der Zionismus waren rechtlich befugt, über Palästina zu entscheiden. Für die arabische Seite war die Deklaration ein eklatanter Vertrauensbruch und eine deutliche Niederlage. Die Briten hatten ihr Versprechen, die Araber (und damit auch Palästina) nach dem Sieg über die Türken in die Selbstbestimmung und die Unabhängigkeit zu entlassen nicht eingehalten, ja ihr Versprechen hatte sich als pure Heuchelei entpuppt. Anstelle von Unabhängigkeit und Selbstbestimmung wurde das englisch-französische Mandatssystem errichtet. Großbritannien erhielt 1920 das Mandat über Palästina übertragen, womit sein kolonialistischer Anspruch auf dieses Land anerkannt wurde. Der Völkerbund (die Vorgängerorganisation der UNO) billigte das Mandat 1922, die Balfour-Erklärung wurde in die Präambel des Mandates aufgenommen.

Der deutsche Soziologe Walter Hollstein bezeichnet diesen Vorgang als „kolonialistische Ungeheuerlichkeit“ und begründet dies so: „Bezeichnenderweise ist in diesem Text des Völkerbundes, den alle Großmächte der Welt unterzeichneten, von der eingeborenen Bevölkerung Palästinas nicht die Rede. Einmal mehr wird ihr in Artikel 2, ohne dass sie indessen als arabisch bezeichnet würde, einzig die ‚Wahrung der zivilen und religiösen Rechte‘ zugesichert. Tatsächlich nannten die 28 Artikel des Mandates die palästinensischen Araber nicht ein einziges Mal als solche. Nur in Artikel 22 wird die arabische Sprache erwähnt.“

Und weiter: „Um die kolonialistische Ungeheuerlichkeit dieses Sachverhaltes zu begreifen, muss man wissen, dass bei der Verabschiedung des Mandats 91 Prozent der palästinensischen Bevölkerung Araber waren, denen 97 Prozent allen Bodens gehörte. Der Mandatstext nimmt von dieser Wirklichkeit nicht nur keine Kenntnis, er deformiert sie dergestalt, dass die jüdische Minorität als Mehrheit erscheint und die arabisch-palästinensische Masse als ‚nicht-jüdische Gemeinschaft in Palästina.‘ Angesichts solcher offenkundigen Diskriminierung fühlten sich die palästinensischen Araber von allen Großmächten, die die Balfour-Deklaration und das Mandat unterstützten, verraten und verkauft.“

Für die Palästinenser hatte sich durch das britische Mandat nichts verbessert, statt der versprochenen Unabhängigkeit wurde die osmanische Fremdherrschaft nun durch die britische und zionistische ersetzt. Die Balfour-Deklaration und das britische Mandat setzten sich skrupellos über das Selbstbestimmungsrecht des arabisch-palästinensischen Volkes hinweg. Nach dem Völkerbundvertrag hätte Großbritannien als Mandatsmacht die Pflicht gehabt, „mit seinem Mandat alles für die Entwicklung Palästinas und für die Vorbereitung des arabisch-palästinensischen Volkes auf die Unabhängigkeit zu tun.“

Es stellte sich bald heraus, dass Großbritannien dieser Verpflichtung nicht nachkam, der zionistischen Seite aber jede Freiheit einräumte, sodass sie vorstaatliche und rein zionistische Strukturen aufbauen konnte – mit eigner Regierung (der „Jewish Agency“) und eigener Armee (der Haganah). Dazu ließ die Mandatsmacht zu, dass immer mehr jüdische Immigranten ins Land kamen. Die Richtlinien der britischen Politik hatte Arthur Balfour einmal so formuliert: „Uns ist der Zionismus sehr viel wichtiger als die Wünsche und vorgefassten Meinungen von 700 000 Arabern.“ Überliefert ist auch diese Äußerung von ihm, dass Palästina nicht nur die Heimat, sondern die Heimstätte des jüdischen Volkes sei und dass die Juden in Palästina die Kontrolle über das Land und dessen Ressourcen haben müssten.

Da sich die Situation in Palästina immer mehr zuspitzte, entschied sich der amerikanische Präsident Woodrow Wilson schon 1922, eine amerikanische Untersuchungskommission einzusetzen und in den Nahen Osten zu entsenden. Sie sollte die Verhältnisse vor Ort recherchieren. Die Kommission wurde von dem Wissenschaftler Professor Dr. Henry C. King und dem Unternehmer Charles R. Crane geleitet – daher auch ihr Name King-Crane-Kommission. Ihr Bericht war so brisant, dass er lange geheim gehalten wurde. In dem Report hieß es u. a.: „Kein höherer britischer Beamter oder Offizier, dessen Auskunft von den Kommissionsmitgliedern eingeholte wurde, glaubte, dass das zionistische Vorhaben (einer unbegrenzten Einwanderung von Juden nach Palästina) ohne den Eingriff bewaffneter Gewalt durchführbar sei.“

Außerdem hieß es in dem Report: „Es stellte sich in den Treffen der Kommission mit jüdischen Vertretern wiederholt heraus, dass die Zionisten eine praktisch vollständige Enteignung der jetzigen nicht-jüdischen Einwohner von Palästina dringend wünschten, und dies auf dem Weg verschiedener Formen käuflichen Landerwerbs.“ Die antizionistische Einstellung der vom türkischen Joch befreiten nicht-jüdischen Bevölkerung, heißt es in dem Bericht weiter, sei sehr heftig, und man könne sich darüber nicht ohne Schwierigkeiten hinwegsetzen. Neun Zehntel der Gesamtbevölkerung spreche sich energisch gegen das gesamte zionistische Programm aus. Und wörtlich heißt es weiter: „Ein derart gesinntes Volk uneingeschränkter jüdischer Zuwanderung zu unterwerfen sowie dem stetigen finanziellem und sozialen Druck, würde einen groben Bruch des [ von Präsident Wilson formulierten] Grundsatzes der Rechte [der Selbstbestimmung der Nationen im Nahen Osten] und des [palästinensischen] Volkes darstellen.“

Das britische Mandat trug so nicht zu einer Beruhigung der Lage bei, sondern zur Eskalation des Konflikts. Je klarer der Absichten der Zionisten wurden, ihren eigenen Staat im von Arabern bewohnten Palästina zu errichten, desto mehr wuchs der Widerstand der arabischen Bevölkerung, der zu einem bewaffneten Aufstand führte (1936 – 1939). Die Briten sahen sich gezwungen, die jüdische Einwanderung zu drosseln, was aber wegen der Judenverfolgungen durch die Nazis kaum möglich war. Der bewaffnete Konflikt eskalierte aber weiter, weil zionistische Terrorgruppen (Irgun und Lehi) massiv gegen die britische Mandatsmacht und die Palästinenser vorgingen. Großbritannien sah sich außerstande, die Lage weiter zu kontrollieren, kündigte sein Mandat und übertrug die Verantwortung für die Lösung des Palästina-Problems an die Vereinten Nationen (UNO).

Die Bilanz der britischen Mandatsherrschaft war verheerend: „Die britische Kolonialpolitik und der zionistische Machtanspruch, welcher sich unter dem Schutz der ersteren immer stärker hatte entwickeln können, führten Palästina in die Katastrophe, deren Opfer die arabisch-palästinensische Bevölkerung wurde.“ (Walter Hollstein)

Die Vereinten Nationen setzten im Mai 1947 ein Komitee (UNSCOP – UN-Special Committee on Palestine) ein, das Palästina bereiste und anschließend zwei Vorschläge unterbreitete: einen Mehrheitsplan, der für die Teilung des Landes in einen jüdischen und in einen arabischen Staat plädierte, und einen Minderheitsplan, der einen föderativen Staat vorsah. Die Juden waren trotz Vorbehalten mit dem Mehrheitsplan einverstanden. Die Araber lehnten beide Vorschläge ab, weil der Mehrheitsplan nach ihrer Ansicht die territoriale Integrität Palästinas zerstören und der Minderheitsplan nur einem Bevölkerungsteil (den Zionisten) nützen würde. Stattdessen schlugen die arabischen Delegierten die Schaffung eines einzigen demokratischen Staatswesens in Palästina vor, das die Rechte und Bedürfnisse aller Menschen und Minoritänen respektieren sollte. Am 29. November 1947 entschied die Vollversammlung der Vereinten Nationen mit 33 gegen 13 Stimmen bei 10 Enthaltungen, Palästina in einen jüdischen und einen arabischen Staat zu teilen. Wobei es kein Geheimnis war, dass die Zionisten im Bündnis mit den USA mit allen Mitteln vorgegangen waren, um die pro-arabischen und unentschlossenen Staaten auf ihre Seite zu ziehen: Einschüchterungen, wirtschaftliche Pressionen, finanzielle Versprechen und Antisemitismus-Vorwürfe wurden skrupellos eingesetzt.

Der Teilungsbeschluss war für die arabisch-palästinensische Seite die Fortsetzung der kolonialistischen Ungerechtigkeiten. Die Palästinenser, die die Hauptbetroffenen waren und um deren Land es ging, wurden gar nicht gefragt, man hätte mindestens ein Referendum veranstalten, also die freie Entscheidung dieses Volkes herbeiführen müssen, was die UNO aber ablehnte. Der Teilungsplan sah folgendermaßen aus: Die Zionisten besaßen bis zu diesem Zeitpunkt nur 5,67 Prozent des Landes (durch Kauf erworben), ihnen wurden nun 56 Prozent zugesprochen, den Arabern, die zwei Drittel der Bevölkerung stellten, aber nur 42 Prozent. Jerusalem sollte internationale Zone werden. Die Juden worden durch diesen Beschluss also  stark bevorzugt, die Araber stark benachteiligt.

Dazu kommt, dass der arabisch-palästinensische Staat gar nicht lebensfähig gewesen wäre, denn die Zionisten hätten den besseren Boden bekommen mit den ganzen Zitruskulturen darauf, die Palästinas größtes Exportgut darstellten. Auch der ertragreichste Boden Palästinas in der Küstenebene, in der Ebene von Esdraelon und im Tal von Jezreel, sollten dem jüdischen Staat zufallen. Die Araber, die vornehmlich landwirtschaftlich orientiert waren, hätten ihre wichtigste Existenzgrundlage verloren.

Der Teilungsbeschluss stellte die „monströse Vergewaltigung des Prinzips der Selbstbestimmung in Palästina“ dar. (Walter Hollstein) Die Hauptfrage bei diesem Vorgang war: Durfte die UNO eine solche Entscheidung überhaupt treffen? Hatte sie die rechtliche Kompetenz, die Teilung Palästinas zu beschließen? Selbst das Subkomitee der UNSCOP musste nach der Abstimmung zugeben: Die Vereinten Nationen hätten nicht die Macht und das Recht gehabt, einen neuen Staat zu schaffen. Nur das Volk des in Frage stehenden Landes selbst könne durch seinen freien Willen eine solche Entscheidung treffen. Diese Bedingung sei im Falle des Mehrheitsvorschlages nicht erfüllt worden, da er die Errichtung eines jüdischen Staates in völliger Missachtung der Wünsche und Interessen der Araber von Palästina involviere.

Die UNSCOP wies außerdem darauf hin, dass die Vereinten Nationen bei jeder ihrer Entscheidungen an ihre eigene Charta gebunden seien. In deren Artikel 1 heiße es ausdrücklich, dass das „Prinzip gleicher Rechte“ und das Selbstbestimmungsrecht der Völker respektiert werden müssten. Im selben Paragraph verlange die UNO von sich selbst und allen Mitgliedsstaaten, „Rücksicht auf die politischen Aspirationen der Völker zu nehmen.“ Der Teilungsbeschluss, so die UNSCOP, verstoße also eindeutig gegen beide Rechtsprinzipien der Vereinten Nationen. Der UNSCOP-Bericht weist ferner darauf hin, dass weder die Balfour-Deklaration noch das britische Mandat die Errichtung eines jüdischen Staates beinhalteten, denn im Artikel 28 des Mandates heiße es ausdrücklich, dass nach Beendigung des Mandates die Regierungsgewalt „der Regierung von Palästina“ hätte überantwortet werden müssen. Es sei keine Rede davon gewesen, dem palästinensischen Volk irgendwelche Bedingungen aufzuerlegen, wenn es fähig würde, allein zu regieren, noch ihm einen Teil seines Landes wegzunehmen.

Die Araber fühlten sich mit Recht äußerst ungerecht behandelt. Die internationalen Gremien hatten die jüdische Herrschaft in Palästina legalisiert. Es bewahrheitete sich, was die UNSCOP in ihrem Report schon damals vorausgesagt hatte: dass der Teilungsbeschluss [auch wenn er politisch gar nicht umgesetzt würde] den Konflikt in Palästina mit weitaus größeren Dimensionen noch verschärfen würde. Die Konsequenz dieses Beschlusses war der andauernde gewaltsame Konflikt der Zionisten gegen die „arabische Nation“, der bis heute andauert und schon bald globale Ausmaße annahm.

Walter Hollstein hat den Kern des Konfliktes so zusammengefasst: „Historisch betrachtet ließ jedoch der forcierte Zusammenstoß europäisch-kapitalistischer und arabisch-feudalistischer Zivilisation die autochthone Bevölkerung Palästinas zu Opfern Europas werden. Ohne Kolonialismus und Zionismus hätte sich die ‚arabische Nation‘ kontinuierlich zu Unabhängigkeit und Souveränität entwickeln können. Stattdessen verloren die arabischen Palästinenser Freiheit und Heimat. (…) Sie büßten Recht, Freiheit, Boden und Vaterland ein. Der Zionismus interessierte sich in Palästina nur, wie es seine Ideologie vorschrieb, für die Verwirklichung seiner Ziele. In diesem Sinne vergrößerte er seinen Landbesitz nach strategischen Gesichtspunkten, seine Institutionen, seine Wirtschaft und seine Bevölkerung nach machtpolitischen Aspekten. Der Zionismus errichtete in Arabien eine europäische Enklave, die in ihrer europäischen Zusammensetzung, europäischen Mentalität und europäischen Kultur mit der arabischen Welt kollidieren musste (und sollte) und von dieser nur konsequent als Fremdkörper empfunden wurde.“

Die Zionisten waren in den Jahren 1947/48 – nicht zuletzt durch die finanzielle Unterstützung amerikanischer Juden – so stark geworden, dass sie in der Lage waren, ihre Interessen und Absichten mit Gewalt durchzusetzen. Schon kurze Zeit nach dem Teilungsbeschluss gingen sie militärisch gegen die Palästinenser vor, die dem nichts entgegenzusetzen hatten, denn sie verfügten nicht über eine Armee wie die Zionisten mit der Haganah, sondern nur über kleine bewaffnete Trupps, die militärisch völlig unbedeutend waren. Die Zionisten sprachen zunächst von „Vergeltungsschlägen“, gingen bald aber zu bewaffneten Angriffen über, die das klare Ziel verfolgten, palästinensisches Land für den zu gründenden Staat Israel zu erobern, was aber nur mit Vertreibung möglichst vieler Palästinenser möglich war.

Es folgte die ethnische Säuberung Palästinas (Nakba) durch die zionistischen Truppen in Zusammenarbeit mit den Terrororganisationen Irgun und Lehi (Stern-Gruppe). Die Angriffe begannen noch während der britischen Mandatszeit. Der israelische Historiker Ilan Pappe hat das Ergebnis dieses brutalen Vorgehens beschrieben: Elf Stadtviertel und 531 palästinensische Dörfer wurden zwangsgeräumt, viele dem Erdboden gleichgemacht, rund 800 000 Menschen mussten fliehen. Es kam zu Vergewaltigungen, Plünderungen, Massakern auch an Frauen und Kindern.

Nur mit diesem Gewaltakt war die Gründung Israels möglich. Arabische Armeen griffen zwar noch ein, aber sie mussten den Krieg verlieren, weil sie schlecht ausgerüstet, schlecht motiviert und ohne gemeinsames Oberkommando und ohne gemeinsame Strategie waren. Israel hatte am Ende des Krieges 78 Prozent Palästinas in seinen Besitz gebracht, den Rest – das Westjordanland und den Gazastreifen holte es sich im Krieg von 1967, wobei noch einmal 300 000 Menschen vertrieben wurden. Und Israel ist nicht bereit, einen Quadratmeter dieses Landes wieder herauszugeben, denn es war immer das Ziel des Zionismus, ganz Palästina zu besitzen, das heute „Erez Israel“ (Großisrael) heißt.

Wie groß der Verrat der Völkergemeinschaft an den Palästinensern vor allem 1948 war, hat Ilan Pappe so beschrieben: „Der am 10. März 1948 [von der zionistischen Führung] beschlossene Plan [gemeint ist der Plan D(alet) zur ethnischen Säuberung Palästinas] und vor allem seine systematische Umsetzung  in den folgenden Monaten war eindeutig ein Fall ethnischer Säuberung, die nach heutigem Völkerrecht als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gilt. Nach dem Holocaust ist es fast unmöglich geworden, Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu vertuschen. Unsere moderne, von Kommunikation gestützte Welt lässt es seit dem Aufkommen elektronischer Medien nicht mehr zu, von Menschen verschuldete Katastrophen vor der Öffentlichkeit zu verbergen oder zu leugnen. Und dennoch ist ein solches Verbrechen fast vollständig aus dem weltweiten öffentlichen Gedächtnis gelöscht worden: nämlich die Vertreibung der Palästinenser durch Israel 1948. Dieses höchst prägende Ereignis in der modernen Geschichte des Landes Palästina wurde seit damals systematisch geleugnet und ist bis heute nicht als historische Tatsache, geschweige denn als ein Verbrechen anerkannt, dem man sich politisch wie moralisch zu stellen hat.“

Die letzten Jahrzehnte nach 1948 bzw. nach 1967 waren ein permanenter Krieg Israels gegen die Palästinenser – mit Landraub, Besatzung, Massakern, Unterdrückung, Diskriminierung, Häuserzerstörungen, Blockaden und Einsperren in Bantustans (Reservate). Die Weltgemeinschaft schweigt dazu, nimmt es hin und unternimmt nichts. In den 1990er Jahren gab es einen Hoffnungsschimmer mit den Verträgen von Oslo, aber er verflog schnell wieder, weil die Verträge äußerst lückenhaft waren, die Lösung aller wesentlichen Probleme auf eine unbestimmte Zukunft verschoben wurden und Israel sich gar nicht an das wenige konkret Vereinbarte hielt. Der Landraub im Westjordanland ging weiter, es wurden noch nie so viele Siedlungen dort gebaut wie in den Jahren nach den Oslo-Verträgen. Und den unter der Besatzung lebenden Palästinensern hat das Vertragswerk keinerlei Erleichterungen ihrer schwierigen Situation gebracht. Die zweite Intifada der Palästinenser war die Folge, die brutal niedergeschlagen wurde.

Auch mit diesem Vertragswerk wurden die Palästinenser schmählich verraten, was selbst ein Israeli, der Politikwissenschaftler und frühere zweite Bürgermeister von Jerusalem Meron Benvenisti, zugab: „Eine sorgfältige Prüfung Hunderter von Seiten, die das Abkommen umfasst, kann keinen Zweifel daran lassen, wer bei diesem Handel der Gewinner und wer der Verlierer ist. Wenn man einmal hinter all die erhabenen Phrasen, all die willkürliche Desinformation, die Hunderte von haarspalterischen Absätzen und Unterabsätzen, Anhängen und Protokollen gesehen hat, dann kann man klar erkennen, dass der israelische Sieg absolut und die palästinensische Niederlage schmachvoll ist.“

Der Palästinenser Edward Said bemerkte dazu sarkastisch, dass die Palästinenser mit diesem Vertrag nicht mehr erreicht hätten, als dass der PLO-Chef Jassir Arafat nun der Häuptling eines Bantustans sei, und die Palästinenser jetzt ihre Müllabfuhr selbst organisieren könnten. Die Frage bleibt, wie konnte die PLO einem solchen Vertragswerk zustimmen?

Um die gegenwärtige Situation und Israels Politik gegenüber den Palästinensern zu beschreiben sei hier ein längeres Zitat eines der besten Kenner der israelischen Politik angefügt, des israelischen Anthropologen Jeff Halper. Halper merkt an, dass die Palästinenser im zionistischen Narrativ überhaupt keine Rolle spielen [sie sind offenbar gar nicht da, sie existieren nicht, sie sind ein „Nicht-Volk“], sie befinden sich außerhalb der israelischen Interessesphäre – sie kommen nur vor, wenn sie in ihren zugewiesenen Rollen als „Terroristen“ oder „Banditen“ die zionistische Eroberung des Landes zu vereiteln suchen. Halper schreibt: „Der einheimische Widerstand gegen die [zionistische] Kolonisten wurde gewöhnlich als ‚Terrorismus‘ bezeichnet. Aber die Errichtung eines Staates, der sich daran machte, die gesamte eingeborene Bevölkerung systematisch aus dem Land zu vertreiben und es dann von jeder Spur dieses Volkes zu ‚reinigen‘, hat noch einmal eine andere Dimension.“

 

Halper geht noch einen Schritt weiter: „Insgesamt fällt Israel präzise in die koloniale Kategorie, und ich denke, jeder von uns würde zustimmen, dass ein kolonialistischer Staat ganz eindeutig kein Existenzrecht hat – oder um es anders auszudrücken, die koloniale Situation muss vollständig aufgehoben werden, bevor irgendein Staat Akzeptanz und Normalität erwarten darf.“

 

Halper wirft Israel sogar Staatsterrorismus vor. Er schreibt:„Wichtig ist, dass sowohl ‚Araber‘ als auch Juden als vor-staatliche Milizen – und die Palästinenser/innen befinden sich immer noch in dieser Phase – ihre Zuflucht zum Terrorismus nahmen, den beide Seiten als eine effektive, sogar ausschlaggebende Strategie zur Erreichung politischer Ziele ansahen. Wichtig ist es festzuhalten, dass die jüdische Zuflucht zum Terrorismus 1948 nicht endete. Er wurde nur umgewandelt in eine Politik des Staates und als Methode in Israels offizielle Streitkräfte integriert. Die gewaltsame Ent-Arabisierung und Judaisierung des Landes Israel/Palästina, die massiven Häuserzerstörungen von 1948 bis heute, sowohl in Israel als auch in den besetzten Gebieten, ein vierzig Jahre (und länger) dauernder Krieg gegen Zivilisten/innen, um eine Besatzung auf ewig zu verlängern, wiederholte und rücksichtslose Angriffe auf den Libanon einschließlich der fern ‚gesteuerten‘ Massaker von Sabra und Schatila, eine Jahrzehnte währende Praxis der Ermordung palästinensischer Führungskräfte, die die Palästinenser einer effektiven politischen Führung beraubte – diese und andere Strategien und Aktionen machen den Israelischen Staatsterrorismus aus. (Hervorhebung vom Verfasser)

 

Unter Bezug auf das Völkerrecht fährt Halper fort: „Das humanitäre Völkerrecht, im Besonderen die IV. Genfer Konvention, misst dem Schutz und dem Wohlergehen einer Zivilbevölkerung unter Besatzung eine besondere Bedeutung zu. Israel versucht, diese Verantwortung in vielfältiger Weise zu umgehen, sogar indem es die Tatsache der Besatzung selbst in Abrede stellt. Mit dem Ausbruch der zweiten Intifada boten sich ihm neue Möglichkeiten, Beschränkungen seines militärischen Vorgehens zu vermeiden. Israel erklärte die Intifada knapp als unterhalb der Kriegsschwelle und berief sich auf ein im Völkerrecht unbekanntes Konzept des ‚kriegsähnlichen Konflikts‘“.

 

Und weiter schreibt Halper: „Unterdrückte Völker haben nach dem Völkerrecht das Recht auf Widerstand, selbst auf bewaffneten Widerstand, wobei allerdings Angriffe auf Zivilisten ausgeschlossen sind. Der Begriff des ‚kriegsähnlichen Konflikts‘ denunziert alle Formen des Widerstandes als ‚Terrorismus‘, gar als kriminelle Handlungen, wodurch das palästinensische Menschenrecht auf Selbstbestimmung praktisch aufgehoben wird. Dieses Konstrukt enthebt Israel jeder Verantwortung für Staatsterrorismus (Hervorhebung vom Verfasser), für Angriffe auf die zivile Bevölkerung, die nach dem Völkerrecht auch dem Besatzer verboten sind.“

 

Halper fährt fort: „Seine Erfindungsgabe stellt dem Militär einen unbeschränkten Freibrief aus, alles unter dem Deckmantel eines ‚kriegsähnlichen Konflikts‘ ohne jede Zurückhaltung oder Verantwortlichkeit. Palästinensische Politiker und alle, die legitimen Widerstand leisten, können so ‚legal‘ ermordet werden, wobei die Tötung von Zivilisten als Kollateralschäden gerechtfertigt werden. Unter denselben Vorzeichen können Tausende von Palästinensern festgenommen und unbefristet eingesperrt werden, ohne dass ihnen der Status und die Rechte von Kriegsgefangenen zugestanden würden. Unglücklicherweise ist das internationale Staatensystem noch nicht so weit entwickelt, dass seine Gesetze durchgesetzt werden könnten, sodass es außer Israel für seine Menschenrechtsverletzungen anzuprangern, wenig gibt, was wir tun könnten, um seine Übergriffe zu beenden.“

 

Ein weiteres Beispiel für den Verrat an diesem Volk darf hier nicht unerwähnt bleiben: die Wahlen von 2006 in den besetzten Gebieten. Um den Eindruck wirklich freier Wahlen zu erwecken, hatten sich selbst die westlichen Staaten und Israel für die Teilnahme der Hamas an dem Urnengang ausgesprochen. Die Wahlen waren auch wirklich frei und fair, wie westliche Bobachter bestätigten. Nur gewann die falsche Partei: die Hamas. Sie bildete mit ihrem politischen Widerpart, der Fatah des Präsidenten Abbas, nun eine Regierung der nationalen Einheit, die der Westen und Israel wegen der Teilnahme der Hamas aber nicht anerkannten. Israel ließ sogar die frei gewählten Abgeordneten der Hamas verhaften. Die Absicht war klar: Das Feindbild von der „terroristischen“ Hamas musste mit allen Mitteln aufrechterhalten werden, auch wenn diese inzwischen sehr milde Töne angeschlagen hatte und bereit war, die Zweistaatenlösung (aus dem Westjordanland und dem Gazastreifen) zu akzeptieren, wenn die Palästinenser dem in einer Volksabstimmung zustimmen würden.

Die Fatah versuchte nun, im Bündnis mit Israel und den USA gewaltsam die Macht im Gazastreifen zu erlangen, was aber misslang. Seitdem regiert die Hamas in Gaza, was für Israel der Grund für die Verhängung einer Totalblockade über den Streifen war, die bis heute andauert, als Kollektivstrafe absolut völkerrechtswidrig ist und die dort lebenden zwei Millionen Menschen – verstärkt durch die furchtbaren Zerstörungen dreier Kriege – in Elend und Armut gestürzt hat. Die Totalabriegelung des Gazastreifens und das Wegsperren der Palästinenser hinter der großen Mauer im Westjordanland hat die kanadisch-jüdische Ökonomin Naomi Klein in ihrem Buch „Die Schockstarre“ als „Warehousing“ (Lagerhaltung) bezeichnet. Sie begründet das so: „Das ist ein Netzwerk/Verbundsystem von Freiluftgehegen für Millionen Menschen, die man als überflüssig eingestuft taxiert hat. Die Palästinenser sind nicht die einzigen auf der Welt, die so kategorisiert worden sind, Das Ausrangieren von 25 bis 60 Prozent der Bevölkerung ist das Markenzeichen des Kreuzzuges der Chicagoer Schule (der neoliberalen Wirtschaftswissenschaften). In Südafrika, Russland und New Orleans umgeben sich die Reichen mit Schutzmauern. Israel hat diesen Absonderungsprozess noch einen Schritt weitergetrieben, es hat Mauern um die gefährlichen Armen errichtet“

Israel hat mit dem „Warehousing“ ein System der totalen Kontrolle über die Palästinenser geschaffen, wobei es gleichzeitig versucht, den Konflikt sprachlich zu entpolitisieren und jeden Bezug auf die Besatzung zu beseitigen. Der zionistische Staat rechtfertigt das „Warehousing“ mit seiner Politik der Schaffung von Sicherheit, worunter er die „Eindämmung des Terrorismus“ versteht. Die Weggesperrten sind also nach dieser Logik selbst schuld an ihrem Schicksal. Für Israel hat dieses Ausrangieren noch den Vorteil, dass die Eingesperrten natürlich keine Partner für eine Friedenslösung sein können.

Das ist der Stand der Dinge und Donald Trumps „großer Deal“, was er auch immer beinhalten wird – angeblich Industriealisierung, um den Wohlstand der Palästinenser zu heben, sowie ein bisschen Landtausch – es wird für dieses Volk ein neuer Verrat sein, denn fragen wird man die Palästinenser auch diesmal nicht nach ihren Vorstellungen und Wünschen. Es wird ein neues Diktat sein. Trump hat es schon angedeutet: Es gebe keine zwei Nationen mit gleichen Rechten in diesem Land zweier Nationen. Es gebe eine Nation mit einer Hauptstadt und allen Rechten und eine andere Nation, die weniger wert sei und keine Rechte habe. Diese andere Nation verdiene keinen Staat, und sie verdiene auch Jerusalem nicht als Hauptstadt. Diese andere Nation müsse nun ihre Situation anerkennen und ihre Ziele an die von ihm (Trump) verkündete Realität anpassen.

Trumps Verhältnis zur Realität ist – milde formuliert – nicht sehr entwickelt. Durch sein Diktat wird der Konflikt Israels mit den Palästinensern nicht gelöst werden, es wird die Situation vielmehr verschlimmern, ja auf die Spitze treiben. Und eins sollte er zur Kenntnis nehmen: die Palästinenser sind in den letzten hundert Jahren oftmals verraten worden, aber sie haben einen großen Stolz und werden sich nicht durch einen plumpen Deal kaufen lassen. Der Widerstand ist programmiert, dem Nahen Osten stehen turbulente Zeiten bevor.

Es gibt noch eine andere Form des Verrats an den Palästinensern, die sich gerade in Deutschland großer Beliebtheit und Verbreitung erfreut: sie als „Antisemiten“ und „Terroristen“ zu bezeichnen und sie für den Konflikt mit den Zionisten allein verantwortlich zu machen. Gerechtigkeit für dieses leidgeprüfte Volk zu fordern hat etwas mit politischer Vernunft, aber auch mit Empathie und Humanität zu tun, nicht mit Antisemitismus. Die Palästinenser haben den deutschen Faschismus nicht zu verantworten und hatten auch mit dem Holocaust nichts zu tun.

Der Konflikt zwischen Zionisten und Palästinensern ist nicht die Verlängerung des antisemitischen Terrors der Nazis gegen die Juden, es ist der Kampf eines verratenen und geschundenen Volkes um seine nackte Existenz, dem seine Heimat, sein Land, seine Kultur und sein Eigentum genommen worden sind. Der Kern und das Wesen dieses Konfliktes ist der kompromisslose zionistische Anspruch auf ein arabisches Palästina mit den Folgen von Besatzung, Unterdrückung und Rechtlosigkeit, ja Apartheid. Hierauf ist alle Gewalt (auch der palästinensische „Terror“) zurückzuführen und nicht auf einen vermeintlichen Antisemitismus. Wer hier mit dem Antisemitismusvorwurf argumentiert, will den Konflikt nicht verstehen, steht in der Gefahr, rassistisch zu argumentieren und begeht damit einen neuen Verrat an den Palästinensern. Er verlängert damit aber auch die Leiden der Juden, denn ohne einen wirklichen und gerechten Frieden zwischen beiden Völkern werden auch die Juden weitere sinnlose Opfer bringen müssen.

15.09.2018